Geburtstage

Nahezu jeder Mensch, den ich kenne, freut sich auf die hinlänglich bekannten Tage im Jahr: Weihnachten, Silvester, Ostern, Geburtstag. Über jedes einzelne dieser Daten könnte ich berichten, hab’s schon oder werde es noch tun, heute möchte ich mich aber auf das Thema Geburtstag konzentrieren.

Geburtstag – für Kinder in der Regel herbeigesehnter Tag. Nicht nur wegen der Geschenke, sondern weil man an diesem Tag besonders behandelt ist. Jeder zollt einem Aufmerksamkeit und man steht auf angenehme Weise im Mittelpunkt. Auch bei machte sich jedes Jahr aufs Neue eine stille Vorfreude bereit – wurde einem doch mindestens in der Schule gratuliert (schade fand ich es immer dann, wenn mein Geburtstag gerade in den Anfang der Sommerferien fiel – dann hat keiner gratuliert).
Daheim indes war Geburtstag nichts besonderes: allerdings gab es sogar ab und an mal Kuchen, die größte Freude überhaupt. Geschenke waren rar, mussten auch nicht sein. Geburtstagparty feiern mit anderen Kindern? Sicher nicht. Da ich das aber in der 3. Klasse unbedingt wollte, einfach weil es alle anderen Kinder auch machten und ich dazu gehören wollte (und ich so auch vielleicht die Chance hatte, selber mal eingeladen zu werden), habe ich kurzerhand nach dem empörten „Nein, sowas machen wir nicht“ meiner Mutter auf eigene Faust ein paar Einladungen verteilt an die anderen Kinder. Davon sind sogar vier gekommen: der „Dorf-Asoziale“, selber ein Außenseiter, die beiden Burschen des größten Bauers (auch Außenseiter) und ein „normales“ Mädchen. Meine Mutter hat einen Tag zuvor rausgefunden, daß ich einfach eingeladen hatte: das Donnerwetter war groß (die Schläge schmerzhaft), aber um gute Miene zu machen, hat sie dann doch einen Kuchen gebacken und das Wohnzimmer auf Vordermann gebracht. Nun waren also alle Kinder da, wir saßen da, haben Kuchen gegessen, es gab ein paar Geschenke und dann war’s auch schon sehr schnell wieder vorbei. Was blieb, waren Reststücke vom Kuchen und die Geschenke – beides allerdings nicht lang. Kaum waren die Kinder weg, hatte mein Vater eine diabolische Freude daran, die Geschenke vor meinen Augen zu zerstören, gefolgt von noch etlichen Schlägen, was mir einfiele und daß ich sowas nie wieder zu machen habe.

Habe ich dann auch nicht, die Demütigung war groß genug (auch daß außer den Außenseitern keiner kam).

Erst etliche Jahre später habe ich wieder zu feiern begonnen: meinen 18., meinen 21. und 22. – der 18. wurde vom Vater meines Sohnes organisiert und war echt schön, der 21. war lustig, weil ich alles an alkoholischem Material gespendet habe und keiner was schenken musste (und nicht tat), der 22. war ein Erlebnis der anderen Art: wie im Vorjahr hab ich alle eingeladen, wie im Vorjahr hab ich Bier, Schnaps, und was das Herz noch begehrt in Hülle und Fülle bereit gestellt, hab den See, an dem wir oft waren, hergerichtet, hab für Musik und Lagerfeuer gesorgt – und KEIN Mensch kam. Keiner meiner so genannten Freunde. Und keiner hat abgesagt. Kein einziger. Was habe ich mich geschämt!

Danach habe ich lange keine einzige Party mehr gefeiert. Später an der Uni haben Ehrenamtsmitstreiter eine Überraschungsparty organisiert – die war super! P. hat meinen Geburtstag mal als Anlass genommen, eine Party zu schmeissen (ich zahle, er lädt seine Freunde ein und meine Exen und führt mich vor) und das war’s! Erst vor 2 Jahren habe ich selber wieder eine Party organisiert: ganz gemütlich an der Isar, 2 Kästen Bier, 1 Kasten alkoholfreies, Grill und fertig: wer wollte, konnte kommen, wer nicht, eben nicht. Es war eine super schöne Party, es herrschte ein reges Kommen und Gehen und ich war erst um 8 Uhr in der nächsten früh zu Hause. Das war eine wohltuende Entschädigung für alle Erlebnisse davor – auch wenn ich davor Panik hatte, daß mir ähnliches wiederfahren würde wie schon öfter: daß keiner kommt, weil keiner ein Anliegen hat, mitten im Sommer mit mir zu feiern. Ob und wann ich die nächste Party feiern werde, steht allerdings in den Sternen; die Angst, daß ich gedemütigt und voller Scham alleine da sitze, ist zu groß.

Ein Kommentar zu “Geburtstage

  1. Oh je, bei solch dramatischen Geburtstagspartys, hätte ich auch keine Lust mehr auf feiern.
    Ich kenne das aber auch, nicht in der Dramatik in der du es erlebt hast, aber, die Angst alleine feiern zu müssen ist mir durchaus bewusst.
    Bei mir ist es aber eher Silvester, das mir Sorgen bereitet. Allein ins Neue Jahr zu starten ist furchtbar traurig.

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